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Mit einer sozial-ökologischen Wende zu einem klimaneutralen Deutschland

Ein handgemalter Erdball auf einem Plakat.

Luca Samlidis ist 21 Jahre alt, Pressesprecher von Fridays for Future Bonn und wird beim 5. NachhaltigkeitsCamp Bonn digital eine Keynote Speech halten. In einem Interview hat er uns vorab fünf Fragen beantwortet.

Was hat dich dazu bewegt, dich über Fridays for Future für den Klimaschutz einzusetzen?

Im Prinzip haben zwei Komponenten eine große Rolle gespielt. Einmal ist da die inhaltliche: Ich glaube, uns allen ist bewusst, dass Klimaschutz und Nachhaltigkeit wichtige Elemente unseres Zusammenlebens und auch der zukünftigen Gestaltung sein müssen.

Wie das konkret aussehen kann, ist vielen wiederum nicht ganz so klar. Zum Beispiel auch deshalb, weil Abkommen wie das Pariser Klimaabkommen nicht umgesetzt werden. Die Fridays-for-Future-Bewegung als globale Bewegung, war für mich dann die Chance, mich konkret für die Umsetzung der Klimaziele einzusetzen.

Die zweite Komponente ist meine persönliche Motivation. Ich bin schon sehr lange politisch engagiert und war zum Beispiel Vorstandsmitglied der Landesschüler*innenvertretung in Nordrhein-Westfalen. Ich finde es sehr beeindruckend, wie schnell Kinder und Jugendliche sich dafür begeistern konnten, sich für ihre Umwelt einzusetzen. Und Umwelt meine ich nicht nur im Sinne von Klima und Natur, sondern Umwelt im Sinne von allem, was um einen herum passiert.

Deshalb wollte ich ein Teil der Bewegung sein, meine Zeit dort investieren und etwas Gutes für die Menschen und die Zukunft unseren Planeten tun.

Wie siehst du das Spannungsverhältnis zwischen Staat und Individuum in Bezug auf nachhaltiges Handeln?

Politikerinnen und Politiker teilen uns immer wieder mit, dass die Menschen als Konsumentinnen und Konsumenten die größte Verantwortung haben, CO2 zu reduzieren und Klimaschutz zu betreiben und dass die Politik auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen ist.

Ich persönlich finde es in diesem Zusammenhang wichtig, die Begriffe Klimaschutz und Klimagerechtigkeit zu unterschieden. Klimaschutz bedeutet, CO2 zu reduzieren. Klimagerechtigkeit heißt, dass sich das auch alle Menschen leisten können.

Wenn es zum Beispiel heißt, man solle sich nachhaltig verhalten und lieber Bus und Bahn fahren als das Auto zu nutzen, dann mag das sinnvoll sein. Bei dem heutigen Angebot im ÖPNV, kann jedoch niemand von Geringverdienerinnen und Geringverdienern verlangen, dass er oder sie das Auto stehen lassen soll. Autos sind, weil es schon immer eine Bevorteilung des Autos gibt, sehr viel kostengünstiger und flexibler als das Fahren von Bus und Bahn. Und da ist die Politik ganz stark in der Verantwortung.

Was wir brauchen, ist eine Rahmensetzung, in der sich jeder Mensch nachhaltiges Handeln leisten kann. Und die gibt es bisher nicht. Für mich ist da ganz klar die Politik in der Verantwortung, Maßnahmen umzusetzen, die dafür sorgen, dass sich jeder Mensch, der das möchte, nachhaltig verhalten kann und auch davon profitiert. Wir müssen davon wegkommen, dass klimaschonendes Verhalten, beispielsweise Bus und Bahn fahren, finanziell bestraft wird. Innereuropäische Flugreisen sind oftmals sogar günstiger als eine Bahnfahrt nach Berlin. Das kann für mich nicht sein.

Welche Maßnahme würdet ihr als Fridays for Future am liebsten sofort umsetzen?

Wir sind eine sehr diverse Bewegung. Aber zwei Dinge sind uns besonders wichtig: eine Verkehrswende und eine Energiewende. Also insgesamt eine sozial-ökologische Wende, die dazu führt, dass wir bis 2035 ein klimaneutrales Deutschland sind.

Im Zusammenhang damit würde ich persönlich am liebsten den massiven Ausbau von erneuerbaren Energien sofort umsetzen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der sofort angegangen werden muss, weil wir nicht mehr viel Zeit haben.

Ich glaube aber auch, dass generell viele Dinge ganz schnell umgesetzt werden könnten, beispielsweise eine sozialverträgliche CO2-Steuer. Und zwar zum Beispiel im Sinne einer Klimadividende. Die funktioniert so, dass alle Menschen den realen Preis inklusive der Klimafolgeschäden für Produkte und Dienstleistungen bezahlen. Das heißt zwar, dass beispielsweise Fleisch oder Benzin erstmal teurer werden. Das bedeutet aber auch, dass reiche Menschen, die mehr CO2 produzieren, weil sie mehr konsumieren können, in absoluten Zahlen mehr bezahlen als arme Menschen. Wenn man am Ende dann die gesamte Steuersumme nimmt und einen Teil davon abzieht, um zum Beispiel in ÖPNV-Infrastruktur zu investieren, und den Rest dann durch die Anzahl derjenigen teilt, die Steuern zahlen, dann hat man eine Kopfpauschale. Das heißt, arme Menschen bekommen genauso viel zurück wie reiche Menschen. Arme Menschen profitieren also sogar von einer solchen CO2-Steuer und machen, platt gesagt, Gewinn. Reiche Menschen hingegen verlieren Geld. Und für alle gibt es einen klaren Anreiz, klimaschonend zu konsumieren. Mit Klimaschutz kann die Schere zwischen arm und reich also sogar kleiner werden.

Welchen Ratschlag würdest du Menschen mit auf den Weg geben, die sich für den Klimaschutz engagieren wollen?

Mein Hauptratschlag ist: Tut es einfach und lasst euch nicht erzählen, dass ihr perfekt sein müsst, um etwas für den Klimaschutz zu tun und politisch etwas einzufordern.

Nur weil jemand Fleisch isst oder Auto fährt, heißt das nicht, dass er oder sie nicht die hundertprozentige Energiewende einfordern oder sich dafür einsetzen kann, dass der Weg für eine nachhaltige Zukunft geebnet wird. Man muss auch den Klimawandel nicht von Grund auf verstanden haben, um sich für Klimaschutz einzusetzen. Dafür gibt es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Es gibt so viele Möglichkeiten sich zu engagieren, sei es bei Fridays for Future, in einer politischen Partei, beim NABU, Greenpeace oder anderen NGOs. Da ist für jeden was dabei.

Man sollte also einfach seinem Instinkt folgen, sich informieren und sagen: Ich finde das richtig, also tue ich was.

Wenn das NachhaltigkeitsCamp nicht an einem Freitag stattfinden würde und du eine Session anbieten würdest: Was wäre der Titel?

Der Titel der Session wäre „Global denken, lokal handeln. Wieso gerade wir diejenigen sind, die die Katastrophe noch verhindern können.“

Dabei wäre es mir besonders wichtig zu sagen: Es ist noch nicht zu spät. Und: Klimaschutz und Klimagerechtigkeit können und sollten Spaß machen.

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