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5 Fragen an Martina Tadli

Martina Tadli steht vor einer Wand und lacht in die Kamera.

Martina Tadli begleitet Menschen und Organisationen auf ihrer Reise in die Zukunft. Gelungene Kommunikation, Kooperation und Kreativität liegen ihr am Herzen. Mit Verstand, Humor und großer Freude arbeitet sie seit über 20 Jahren branchenübergreifend mit Großgruppen, Teams und Führungskräften digital und analog als Moderatorin, Trainerin, Coach und Speakerin. Ihr Interesse gilt der Gestaltung von Transitionen und Verbindungen.

Die Natur etrachtet sie als Vorbild und Ratgeber für nachhaltige Führung, Kommunikation und Zusammenarbeit. Sie arbeitet interkulturell, intergenerational und interdisziplinär: Eigene Kulturerfahrungen (10 Jahre Nordafrika und Frankreich) und die Überzeugung von Gegenseitigkeit und Interdependenz begründen ihren Ansatz für erfolgreiche Entwicklung. Martina Tadli ist überzeugt: „Nachhaltigkeit ist eine Haltung und keine Technik“ und die Grundlage, um JETZT nachhaltig die Welt von morgen zu gestalten. Als begeisterte Barcamp-Moderatorin hat sie zusammen mit Heike Pfitzner 2018 das Agile Culture Camp ins Leben gerufen.

Im Interview erzählt Martina Tadli von den Ideen, die sie aus dem NachhaltigkeitsCamp mitgenommen hat und darüber, was 2020 mit der Motivation für Nachhaltigkeit gemacht hat.

Wie war es letztes Jahr, eine (digitale) Session zu geben?

Es hat sehr viel Spaß gemacht. Die Resonanz auf das Session-Thema „Intrinsische Motivation für Nachhaltigkeit wecken – über die Liebe zur Natur“ war sehr ermutigend und der Austausch während der digitalen Session äußerst bereichernd.

Welche Ideen oder Anreize hast du aus dem Camp mitgenommen?

Ich habe zahlreiche Ideen mitgenommen und Bestärkung erfahren in den Ideen, die ich selbst eingebracht habe. Was ich seitdem regelmäßig umsetze: Ich starte digitale Programme inzwischen grundsätzlich mit Naturbildern, Naturgeräuschen oder Naturvideos. Dies verändert die Atmosphäre, der Check-In verändert sich und öffnet die Teilnehmenden sofort. Die „Natur“, die uns Kraft gibt, Heimat ist und alles ermöglicht, was wir „Kultur“ nennen, ist sofort im Raum.

Die kurze Naturerfahrung im digitalen Raum ermöglicht während Workshops, Seminaren und Coachings immer wieder den Rückbezug zu den Themen der Formate. Die Frage „Was können wir tun, um die Natur und damit unsere Lebensgrundlage heute und in der Zukunft zu schützen?“ taucht immer wieder auf.

Zusammen mit einer britischen Kollegin habe ich ein Programm konzipiert, „Natural Resourcing“, in dem die Natur Führungskräfte in der Transformation begleitet und Kreativität sowie Resilienz erhöht. Im Ergebnis entwickelt sich ein neues Bewusstsein für unsere wundervolle, einzigartige und schützenswerte Mitwelt – und trägt damit hoffentlich zu einer nachhaltigeren Haltung aller Teilnehmenden bei.

Was hat das Jahr 2020 mit deiner/der allgemeinen Motivation für Nachhaltigkeit gemacht?

Dank der Pandemie ist das Thema Nachhaltigkeit in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit gerückt und endlich „gesellschaftsfähig“ geworden. Aus unserem Agile Culture Camp, in dem das Thema „Nachhaltigkeit im Consulting“ zweimal in Folge im Fokus stand, sind zahlreiche Initiativen und Vernetzungen auf Beraterebene entstanden. Die Coaching Climate Alliance verschreibt sich der Aufgabe, das Thema Nachhaltigkeit auch in Coachings immer mitzudenken.

Dennoch ist die Geschwindigkeit, mit der nachhaltig gedacht, gefühlt und gehandelt wird, weiterhin – auch angesichts systemimmanenter Schwierigkeiten – politisch und gesamtgesellschaftlich zu langsam und liegt häufig auf den Schultern von Privatinitiativen. Dennoch ist eine erhöhte Sensibilität für das Thema spürbar. Dies ist sicher eine positive Seite der Pandemie, zuvor medienwirksam angestoßen vor allem durch „Fridays for Future“.

Welche konkreten Möglichkeiten/Vorteile siehst du in digitalen Formaten zur Förderung von Nachhaltigkeit? Und wie kann das volle Potential ausgeschöpft werden?

Digital übertreten wir physische Grenzen, können also einfach und vor allem zügig generationen- und kulturübergreifend und natürlich interdisziplinär in den Austausch treten – wenn man will, „von jetzt auf gleich“.

Digitale Formate ermöglichen ein „Kennenlernen“ von Menschen, die sonst nie geographisch zusammenkommen könnten. Damit entsteht ein globales Gefühl von „WIR“. Wir sind EINE Welt und alles ist miteinander verbunden. Es gibt eine Bewegung von Ursache und Wirkung, der wir durch den digitalen Austausch? auf die Spur kommen. Aus der Theorie wird gelebtes Leben. Dies erhöht die Motivation, aktiv zu werden, ganz entscheidend.

Ich halte vor allem hybride Formate für zukunftsträchtig: Austausch und Organisatorisches lassen sich gut digital abbilden. Konkrete Schritte im Außen bedürfen weiterhin des analogen Miteinanders und Erlebens. Über digitale Formate lassen sich Lernschritte gut vorbereiten und anstoßen, die dann analog erfahren werden und erneut digital im Austausch gefestigt, korrigiert und erweitert werden können.

Wie sich das volle Potenzial ausschöpfen lässt, weiß ich nicht zu beantworten. Mit Blick auf digitale Entwicklung und künstliche Intelligenz scheint das Potenzial fast unbegrenzt und die Zukunft wird uns da sicher in vieler Hinsicht noch überraschen. Das Undenkbare wird denkbar und es gibt nicht wenige junge Menschen und Forscher, die daran bereits arbeiten. Sehr sehr spannen.

Was wünschst du dir in Bezug auf Nachhaltigkeit für die nächsten vier Jahre?

Oh, das sind sehr viele Dinge. Ich will hier nur sehr Grundsätzliches nennen: „Was du nicht willst, das man dir tut“ sollte erweitert werden um: „Was der Erde schadet, lassen wir bleiben und entwickeln alternative Ideen“. Die Frage „Dient das, was wir denken, fühlen, tun dem Erhalt der der Gesundheit der Erde für künftige Generationen?“ sollte unser aller Handeln begleiten. Damit wir dies ausreichend weit denken können, benötigen wir eine ganze andere Art von Erziehung, Bildung und Geisteshaltung. Wir benötigen mehr innere Verbundenheit mit der Erde, die Leben und den Menschen auf diesem Planeten erst ermöglicht. Die Triade „Effizienz, Konsistenz, Suffizienz“ ist hierbei hilfreich, ebenso wie das Kreislaufdenken, das den meisten von uns abhandengekommen ist.

Ich wünsche mir langfristiges Denken und Handeln über das eigene Wohl hinaus und ein tiefes Verantwortungsempfinden für ungeborene Generationen, denen wir alle den Weg bereiten. Aus dieser ethischen Haltung und dem Dialog über unsere Werte entwickeln wir die Zukunft: Ökologie, Soziales, Ökonomie…

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